(Mittwoch, 02. November 2005 von Michael Lohbusch)
Die Schussuhr läuft erbarmungslos ab. Fünf Sekunden noch, ein Wurf von weit hinter der Dreierlinie: Airball. Dominik Bahiense de Mello kann seine erste Aktion im Spiel gegen den Aufsteiger aus Bremerhaven später selbst nicht so recht erklären: „Da ist die Zeit runter gelaufen, ich habe hoch geguckt und den Ball weggedrückt. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe.“
Fast wirkt es so, als würde er sich schämen für den Versuch, dabei hatte er kaum eine andere Wahl, hätte höchstens schnell zum Korb ziehen können. Der junge Guard der DEUTSCHE BANK SKYLINERS lässt den Kopf nicht hängen.
Ziel: Scorender Aufbauspieler
Das er es besser kann, zeigt er bei seiner zweiten Aktion im Spiel: offener Dreier: Swish. Der Basketball fällt ganz leicht durch die Reuse, die Rotation stimmt, wie so oft bei ihm. „Ich weiß, dass ich ein ganz guter Schütze bin und z. B. gegen Bonn habe ich offene Würfe bekommen und wenn man einen offenen Wurf hat, dann nimmt man ihn. Ich bin eben ein selbstbewusster Typ, deswegen habe ich damit kein Problem“, sagt Bahiense de Mello. Sein Ziel sei es, sich in der Basketball-Bundesliga als "Einser" durchzusetzen. Er will von Pascal Roller lernen, ein Aufbauspieler, der weiß, wo der Korb hängt. Bahiense De Mello ist ihm ähnlich: „Ich mag es zu scoren, ich mag es der Mannschaft zu helfen, mein Spiel zu spielen.“ Beide Spieler treffen vorzüglich von außen, können jederzeit Blöcke nutzen und aus der Distanz punkten.
„Ein ganz anderes Niveau in der BBL“
Die Umstellung von der Zweiten auf die Erste Liga fällt Bahiense de Mello noch schwer. „In der Zweiten Liga sind die Spieler keine besonders tollen Verteidiger, das heißt man hat es nicht so schwer den Ball nach vorne zu bringen, Rhythmus zu haben, das Team zu leiten. Das ist ein ganz anderes Level in der BBL“, erklärt er. Er müsse einfach schauen, dass er an seinem Ballhandling arbeite, um die Eins zu spielen. Zunächst werde er zunehmend als Shooting Guard eingesetzt.
Keine unbekannte Position für den Ex-Rhöndorfer und gebürtigen Bonner. „Früher in der Jugend war ich immer ein Zweier, dann habe ich irgendwann angefangen die Eins zu spielen. Viele Leute sagen, ich wäre eher ein Zweier, aber ich denke ich kann auch auf der Eins spielen. In Rhöndorf habe ich zwei Jahre als Point Guard gespielt, das hat mir ziemlich viel Spaß gemacht. Manchmal macht es aber auch noch Spaß als Shooting Guard aufzulaufen.“
Das Berlin-Spiel
Sein bisher schwächstes Spiel zeigte Bahiense de Mello beim Gastspiel in der Hauptstadt gegen ALBA. Sechs Turnovers nach dem Ausfall von Pascal Roller zeigten dem Talent zunächst seine Grenzen auf. „In Berlin hat man gesehen, dass ich noch nicht soweit war. Aber Berlin ist auch ein anderes Kaliber. Ich denke, wenn Pascal weiter gespielt hätte, hätte ich einen guten Job als Back-up gemacht, aber ganz allein auf der Aufbauposition, da war ich etwas überfordert“, gibt der Jung-Nationalspieler zu.
Selbstkritisch sieht der 20-Jährige auch sein derzeitiges Leistungsvermögen: „Im Training muss ich es besser machen, aber da mache ich es noch nicht gut genug. Das muss ich besser hinbekommen, damit der Trainer Vertrauen in mich bekommt. Bis jetzt wird der Trainer mich, denke ich, einwechseln auf der Eins und der Zwei.“
Ein Spiel gegen die Vergangenheit
Die Niederlage gegen Bonn schmerzte Bahiense de Mello besonders. Ausgerechnet gegen seinen alten Verein aus Jugendzeiten. „Gegen Bonn hat es schon sehr weh getan, weil ich auch so viel gespielt habe, aber man kann es relativ schnell abhaken. Ich versuche mich dann auf mich selber zu konzentrieren und gut zu trainieren, die anderen anzufeuern. Ich bin ein positiver Typ, deswegen finde ich mich mit Niederlagen relativ schnell ab“, sagt er.
Wenn es bei ihm selbst nicht so gut läuft, dann ist ein guter Freund im Team für ihn da: Alex King. „Alex und ich kennen uns schon so lange von der Nationalmannschaft. Wir gehen shoppen, ganz egal, ich komm’ bei ihm vorbei, er bei mir, wir versuchen uns stets zu unterstützen. Wir können uns gegenseitig pushen, weil wir uns so gut kennen. Auch während des Spiels versuche ich immer Alex anzufeuern, darum bin ich froh, dass ich ihn hier habe und er ist froh, dass er mich hat.“
„Wenn man nur Basketball spielt, dann verblödet man irgendwann“
Mit dem Wechsel an den Main hat Bahiense de Mello nicht nur den Verein gewechselt. „Neues Leben, eigene Wohnung, man muss alles selber machen. Selber Waschen, selber Kochen. Ich habe vorher in Bonn bei meiner Familie gewohnt. Das ist alles neu für mich. Man muss selber den Tagesablauf planen und das Bestmögliche rausholen. Weg zu sein von seiner Familie, ist eine neue Erfahrung.“ In seinem Alter ist es schon keine leichte Aufgabe gleichzeitig gute sportliche Leistungen zu bringen und auf eigenen Beinen zu stehen, aber Bahiense de Mello will mehr aus sich machen. „Meine Freundin ist Griechin, also versuche ich noch ihre Sprache zu lernen. Ich will auch ein bisschen was fürs Intellektuelle tun. Man muss nebenbei was machen, wenn man nur Basketball spielt, dann verblödet man irgendwann. Ich muss mich ablenken, was dazulernen, aus diesem Grunde lerne ich auch Portugiesisch, mein Vater lebt ja in Brasilien. Ich versuche mein Portugiesisch zu verbessern und Griechisch zu lernen.“
Sein Vater ist übrigens nicht böse, dass er dem brasilianischen Volkssport Fußball abgeschworen hat. Basketball hätte ihm eben mehr gefallen, die Leute und die andere Mentalität. „Ich bin froh, dass ich beim Basketball gelandet bin.“ Sein Abitur mit der Note 2,8 (Erdkunde, Englisch, Deutsch, Mathe) hätte er als Fußballer vielleicht nicht gemacht.
Im Zeichen der 5
Die Niederlagenserie zu Saisonbeginn sieht Bahiense de Mello nicht dramatisch. „Die Saison ist ja lang, ohne vier ist es eben schwer, aber wenn wieder alle da sind, müssen wir die Spiele gewinnen. Wir müssen einfach in die Play-offs kommen und da werden die Karten neu gemischt, da ist jeder Gegner schwer. Wenn wir alle wieder da sind, werden wir sicher die Play-offs erreichen“, ist er überzeugt.
Seine Trikotnummer 5 steht für Veränderung. Bahiense de Mello erzählt: „Ich hatte früher immer die 12, unsere alte Hausnummer. Dann habe ich die 5 bekommen, weil ich mich verändert habe, was Neues haben wollte. Das war wie ein Neuanfang mit der Trikotnummer. Ich fühle mich wohl mit der 5, seitdem geht es aufwärts bei mir.“ Hoffentlich auch in dieser Saison bei den DEUTSCHE BANK SKYLINERS.