(Sonntag, 15. Januar 2006 von Michael Lohbusch)
Haben Sie den Sieg gegen ALBA Berlin irgendwie erwartet?
"Ich habe nicht erwartet zu gewinnen. Mein einziges Ziel ist: kämpfen. Hart spielen, solide verteidigen, physisch dagegen halten. Dann hast du immer eine Chance zu gewinnen. Manche sagen, du gewinnst Spiele, weil du eine tolle Dreipunktequote hast oder so etwas. Ich habe mir die Statistiken des Spiels bisher noch nicht einmal gesehen. Ich glaube an so etwas nicht."
Was haben Sie vor dem Spiel geändert?
"Ich habe tolle Trainerassistenten, sie haben mich gut auf die Mentalität der Spieler eingestellt. Einige Spieler sind neu, andere altgedient. Wir haben über alle diskutiert. Wir haben ihnen erklärt, wie wir spielen wollen und sie haben es so gemacht. Man muss nicht viel tun, um einer Person zu sagen, dass sie hart spielen soll. Wir können unseren Spielern nicht auftragen, was sie nicht können. Wir müssen die Natur unseres Teams finden, das wird ein langer Prozess, wir haben viel Arbeit vor uns. Aber es war ein guter Start!"
Stimmt es, dass Sie erst ein Meeting mit dem Team hatten?
"Wir hatten fünf bis sechs Stunden Zeit zu arbeiten vor dem Spiel. Wir hatten zwei Trainingseinheiten, dazu haben wir Videos studiert - ich habe Bänder gesehen bis spät in die Nacht. Wir waren gut auf das Match vorbereitet. Wir wussten was wir tun können, wir waren ‚ready’. Ich denke in Zukunft, werden wir noch besser vorbereitet sein."
Haben Sie viele Einzelgespräche geführt?
"Einzelgespräche sind meine Stärke. Wir haben aber zunächst aus Zeitgründen mit fünf Leuten intensiv gesprochen. Es war anscheinend genug, um das Spiel zu gewinnen."
Wie sieht so ein Einzelgespräch aus?
"Wir erklären den Spielern, woran sie zu arbeiten haben. Wir sagen nie: ‚Das kannst du, das kannst du nicht!’ Ich sage so was nie! Ich sage: ‚Das machst du wirklich gut, und daran musst du noch arbeiten!’ Wir müssen eben gewinnen, und jeder hat seine Position im Team. Entweder wir gewinnen zusammen oder wir verlieren, weil wir nicht diesen einen Superstar haben."
Geben Sie Ihren Spielern mehr Freiheiten auf dem Feld?
"Ich habe gesehen, dass sie auch vorher guten Basketball gespielt haben. Ich habe die Assistant Coaches aber nicht nach dem alten System gefragt. Wir machen das, was wir machen wollen. Wir, die Trainer, haben den Luxus die Spieler in ihre ‚Komfort-Zonen’ zu bringen. Manchmal wissen die Spieler gar nicht, wo sie sich komfortabel fühlen auf dem Feld."
Während des Spiels sind Sie eher ruhig...
"Nicht wirklich. Innerlich sieht es bei mir anders aus. Meine Freude während des Spiels ist es, mit meinen Assistenten zu arbeiten. Die wirkliche Liebesaffäre spielt sich zwischen Spielern und den Fans ab, wir sehen es nur von der Seite. Das ist die Wahrheit, ich kann mich gar nicht mehr erinnern wie es ist zu spielen, solange ist das schon her. Unsere Rolle ist eine andere heute, wir haben eine andere Freude am Spiel."
Was ist Ihre Rolle?
"Ich bin nicht so wichtig, an mir ist nichts besonderes dran. Die Fans wollen die Spieler sehen. Sie wollen das Team siegen sehen, die Spieler wollen für sie Leistung bringen. Ich versuche dabei zu helfen. Ich bin nicht das wichtigste Teil! Ich bin froh hier arbeiten zu können, ich genieße jedes einzelne Spiel. Mein eigentliches Vergnügen ist nicht das Spiel, es ist das Training."
Training als Vergnügen?
"Ich habe keine Lust, dass mir lustlose Spieler meine Zeit rauben. Meine Zeit ist die Trainingszeit. Ich will das Training genießen.Deswegen mag ich keine Spieler, die mir meine Freude verderben."
Ist das Training hart bei Ihnen?
"Manchmal, manchmal nicht. Meine Freude ist, wenn ich das Team besser mache. Ich liebe das Training und ich mag es überhaupt nicht, wenn jemand dort quertreibt. Nach einem guten Training fahre ich heim und fühle mich gut. Wenn mir das jemand kaputt macht, dann werde ich verrückt. Beim Spiel bleibe ich ruhig. Wer will denn einen verrückten Coach beim Spiel sehen, der Flaschen umtritt? Wer will das sehen? Fans wollen das Spiel sehen! Wichtig ist es auch am Spieltag, wenn wir vor dem Spiel Probleme besprechen, Dinge ausprobieren, das ist meine Welt. Aber ich fühle mich nach so einem Sieg auch gut, natürlich!"
Denken Sie nach dem Spiel viel über das Match nach?
"Ich denke schon an das nächste Training, das nächste Spiel. Wir haben so viel Arbeit vor uns, wir müssen eine ganze Vorbereitung in wenige Wochen packen. Glücklicherweise habe ich einen Stab, der genau weiß, wo die Schwächen und Stärken der Spieler liegen. Das macht es viel einfacher. Wenn ich das alles selber austesten müsste nach dem Prinzip ‚Try-and-Error’, das wäre furchtbar. In Griechenland hatte ich am Anfang Assistants, die kein Englisch konnten, das war schlimm."
War das bei der letzten Station bei Aris Thessaloniki?
"Ja, genau. Es war bei Aris in meinem ersten Jahr. Im zweiten Jahr hatte ich einen guten Mann an meiner Seite, ein sehr guter Assistant Coach."
Warum endete Ihr Engagement bei Aris eigentlich?
"Wir hatten dort eine tolle Zeit, hatten eine sehr gute Bilanz. Wir waren zwei Jahre im Pokalfinale, wir gewannen den Pokal (2004). Ein einflussreicher Mann mit Geld war gegen mich, weil wir ein Spiel verloren hatten. Und schon war ich draußen als Coach. In den zwei Jahren hatte in Griechenland nur ein Coach einen besseren Rekord als ich: Zeljko Obradovic (Anm.: Trainer von Panathinaikos Athen, lebende Trainerlegende Europas). Aber so ist das Leben. Der neue Trainer, den dieser Mann dann verpflichtet hat, hat es nicht einmal bis Weihnachten geschafft. Aber das macht nichts, es war eine gute Erfahrung, jetzt bin ich hier. Das ist toll hier für mich, es gefällt mir sehr in Frankfurt. Aber, es wird sehr, sehr tough."
Ist Deutschland eine gute Adresse als Trainer?
"Frankfurt hat eine gute Reputation im europäischen Basketball. Sehr gut, ich glaube die Leute hier wissen gar nicht wie gut."
Was sind Ihre Ziele für die restliche Saison?
"Ich habe kein Ziel. Außer: Jeden Tag in die Trainingshalle kommen und sie ein bisschen besser zu verlassen. Es ist einfach, ich spreche nicht von Play-offs oder Ligaverbleib, ich rede davon sich jeden Tag im Training zu verbessern. Jeden Tag denke ich, dass wir etwas besser werden."
Danke für das Gespräch!