(Mittwoch, 01. Februar 2006 von Michael Lohbusch)
Unter der Sonne Mallorcas wird Carlos Andrade diese Woche häufig an seine Kindheitstage in Portugal denken. Das warme Klima, das Sitzen in der Sonne, das möchte er auch in der Sommerpause nicht missen. Seine wahre Heimat Portugal hat Andrade nie vergessen. „Ich bin während meiner Zeit in den USA jeden Sommer zurück nach Hause gekommen und habe gegen Jungs von früher in einem Jugendzentrum gespielt. Viele Jugendliche spielen dort Basketball, ich versuche ihnen heute was beizubringen. Das ist es, was ich im Sommer mache, mit den Kids abhängen, Spaß haben und vermitteln“, erzählt Andrade lächelnd.
Rugby, Handball…Basketball???
Doch eines muss der portugiesische Nationalspieler eingestehen: Basketball hat es in Portugal nicht leicht, das Land spielt in Europa zweitklassig. „Fußball ist so ein großer Sport in Portugal, nicht viele spielen Basketball. Viele Jugendliche können es sich nicht leisten Basketball zu spielen, die wirtschaftlichen Bedingungen sind nicht so gut wie in Deutschland. Klar, wir haben nicht viele gute Spieler, aber ich sehe heute mehr Jungs Basketball spielen. Nicht nur auf der Straße 3 gegen 3, sondern auch in Camps, Vereinen. Mehr Kids sind in Basketball involviert“, sagt Andrade.
Als er selbst angefangen hat mit 15 Jahren zum braunen Lederball zu greifen, da war das noch anders. Andrade selbst hatte anfangs ganz andere Sportarten im Kopf. „Ich habe, bevor ich mit dem Basketball angefangen habe, Fußball, Handball und Rugby gespielt. Ich war nicht so gut im Fußball, ich war zu groß und zu schwer! (lacht) Ich liebe aber Fußball! Ich habe ein wenig Rugby gespielt, weil ich den Kontakt mag“, erklärt Andrade.
Der Besser-Artest
Sein Weg zum Basketball kam eher zufällig. Im Schulsport fiel einem Lehrersohn Andrades Talent auf und fragte ihn, ob er Lust hätte noch woanders zu spielen. Andrades spontane Antwort: ‚Okay, ich versuche es.’ Bei einem Training im Verein blieb es nicht und Andrades Weg führte ihn in nur vier Jahren Basketball bis in die amerikanische College-Liga NCAA. Im zwölften Basketballjahr ist Andrade nun sogar der erste Portugiese in der BBL und mit seiner Leidenschaft auf dem Feld sehr wichtig für die DEUTSCHE BANK SKYLINERS. Emotionen gehören zu Andrade dazu, wie „The Brawl“ zu Ron Artest. Doch Andrade weiß im Gegensatz zum Ex-Pacer, wie er seine Emotionen in die richtige Richtung lenken kann. „Manchmal ist es wichtig, du musst einfach wissen wann. Du musst sehen, wann es deine Teamkollegen brauchen, diesen Push zur Intensität. Das müssten wir noch mehr machen“, meint Andrade.
Der Teamspieler
Eins hat Andrade begriffen, Emotionen sind wichtig für seine intensive Spielweise. „Spieler versuchen alles um ein Spiel zu gewinnen. Wenn ich Gesicht an Gesicht einem Gegenspieler gegenüberstehe, heißt das nicht, dass ich ihn nicht mag oder respektiere. Ich versuche einfach meine Mitspieler zu motivieren. Ich möchte die Zuschauer ins Spiel (zurück) bringen. Es ist nicht etwas Persönliches“, ordnet Andrade seine kleineren Auseinandersetzungen auf dem Spielfeld ein. Wie jeder Spieler, möchte Andrade Spiele gewinnen, auch wenn das bedeuten sollte, dass er jemanden sehr nah kommen muss. Doch Andrade schont sich selbst und seinen Körper ebenso wenig: „Ich versuche alles zu geben, nehme keine Rücksicht darauf, ob ich mich verletzen könnte.“
Andrades totaler Einsatz stimmt mit seiner Definition des Teamspielers überein: „Ein Teamspieler opfert seinen Körper auf, er opfert alles für das Team auf. Das versuche ich in jedem Spiel und in jedem Training. Wenn ich an die Punkte denke, die ich scoren kann, oder die Rebounds, dann ist das nicht alles. Ich helfe anderen, dass sie scoren können, und punkte, wenn es das Team von mir braucht. Das ist ein Teamspieler“.
Weihnachtsmarkt: Bang, bang!
Bei Zielen für die Saison ist Andrade eher einsilbig. Er denkt von Spiel zu Spiel. Nur ein Ziel hat er fest im Blick: Heiraten. „Meine Freundin Lori und ich kennen uns jetzt drei, fast vier Jahre, es wird Zeit!“ Auf ersten Sightseeing-Touren durch Frankfurt blieb ihnen eines im Gedächtnis: „Uns hat der Weihnachtsmarkt sehr gut gefallen. Es gibt viele Sachen, die wir mögen. Wir haben schon viel unternommen, aber es muss immer schnell gehen, wir haben ja nicht so viel Zeit. Wir mögen es Leute verschiedener Kulturen zu sehen.“ Auf dem Markt kommen Andrade seine Gehversuche im Rugby zugute. „Die Massen machen mir keine Angst. Ich kann mich ganz gut durchschleusen. ‚Bang bang.’ (lacht)“, witzelt Andrade. In der Rückrunde wird sich „Bang, Bang“ Andrade vorerst wieder durch gegnerische Verteidigungen zum Korb winden.