Was ist ein Go-to-guy? "Ein Spieler, der den Ball in kritischen Situationen in die Hand nimmt und das Match entscheidet, wenn's eng wird. Dafür muss er nicht unbedingt selbst abschließen. Er kann auch einen wichtigen Pass geben", zählt Shooting Guard Robert Garrett eine Reihe von Attributen auf, die allesamt auch auf ihn selbst zutreffen. Trotzdem mag sich der 26-Jährige das Go-to-guy Etikett nicht an die breite Brust heften.
"Die Sache mit dem Go-to-guy wird doch total überbewertet. Einen richtigen Go-to-guy gibt es eher in der NBA, wo das Eins-gegen-eins Spiel viel stärker ausgeprägt ist als hier bei uns. Wir sind ein Team, in dem jeder einen wichtigen Spielzug machen kann. Mal ist es Jukka, der den Dreier rein schießt, mal Pascal, der die Freiwürfe trifft. Wir haben eine Menge Go-to-guys."
Auch was seinen derzeitigen Status als Top Scorer (23,5 Punkte pro Spiel) anbelangt, hält "Robse" den Ball gerne flach. "Das ändert sich auch wieder. Außerdem schieß ich ja 17- oder 18-mal pro Spiel. Wenn dann die Hälfte reingeht sind es eben 20 Punkte." Robert Garrett, Sohn eines amerikanischen GI's, aufgewachsen im Frankenland (was man seinem lokal eingefärbten Zungenschlag sympathisch anmerkt) ist wahrlich kein Big Shot. Keine Rampensau, die mit aller Gewalt in die Öffentlichkeit drängelt.
"Ich bin nichts Besonderes, nur weil ich in der Öffentlichkeit stehe. Ich habe das Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Andere Leute machen auch ihren Job, wahrscheinlich sogar besser als wir - aber da kräht kein Hahn nach." Der Hype um die so genannten Basketball Stars ist Robert suspekt: "Das wird alles von außen zu uns getragen. Aus meiner Zeit in Würz- burg habe ich gelernt, dass man die Erwartungen der Medien gar nicht erfüllen kann. Die wollten damals aus mir unbedingt einen Nowitzki-Nachfolger machen. Als wir dann ein anderes Team hatten und wir alle 14-15 Punkte gemacht haben, hieß es auf einmal: der ist in ein Loch gefallen und wird seinen NBA Ambitionen nicht gerecht. Dabei hatte ich darüber nie mit der Presse gesprochen."
In seiner pragmatischen Einstellung zu den Dingen ähnelt Robert der # 41 der Dallas Mavericks. Mit Dirk Nowitzki verbindet Robert eine jahrelange Freund- schaft. "Den kenn ich seit Ewigkeiten. Wir haben schon als Kinder zusammen Tennis gespielt und uns später immer wieder bei Spielen und Lehrgängen mit der Basketball C-Jugend getroffen. Auch heute sehe ich ihn noch relativ oft. Zum Beispiel hab ich Dirk nach der Saison in Dallas besucht." Außerdem telefoniere man ab und an oder chatte per E-Mail über die jüngsten Ergeb- nisse. "Über meine Stats ist Dirk immer auf dem Laufenden."
Beiden Ballern gemeinsam ist auch die enge Verbindung zu Coach Holger Geschwindner, der die "Wild Bunch" aus Würzburg (der Kölner Marvin Willoughby und der Leverkusener Demond Greene gehören auch dazu) seit Kindesbeinen betreut. "Holger hat uns als Spieler ausgebildet und das macht er auch weiterhin. Im Sommer hab ich mit ihm in Bamberg sechs Wochen lang trainiert. Ich glaube, das merkt man jetzt auf dem Feld."
Bei den Spielen gegen Bamberg und den MBC konnten sich die Fans schon ein Bild vom alten-neuen "Robse" Garrett machen: sein erster Schritt scheint noch explosiver, der Zug zum Korb noch unbändiger zu sein. Und das Ball- gefühl hat der 1,92m große, dreimalige All Star der BBL sozusagen mit der Muttermilch aufgesaugt. Schon im zarten Alter von zwei Jahren dribbelte Little Robby mit der orangenen Murmel durch die Gegend, während Daddy Larry auf dem Court zockte. Daran erinnert sich der ehemalige Leistungsschwimmer noch sehr gut - genau wie an sein erstes Mal. "Da war ich 13. Bei einem C-Jugend Spiel hab ich den ersten Slam Dunk meines Lebens geschafft. Das war nicht schlecht, denn in dem Alter konnten das noch nicht viele."
<link>Solche Einblicke ins Familienalbum ge- währt Robert eher selten. Nicht, weil es ihm unangenehm wäre. Sondern weil er sich schwer vorstellen kann, dass es irgend jemanden da draußen interessieren könnte, was ein Basketballer in seiner Freizeit macht. "Da gibt's nicht viel zu erzählen. Wir trainieren zweimal am Tag, der eine macht zwischendrin noch was für den Kopf, der andere weniger. Das ist alles."
Ein bisschen tüfteln am Computer oder sich die neusten Action-Komödien im Multiplex ansehen. Mehr gibt es vom privaten Robert Garrett nicht zu erzählen - und das, findet Robert, ist auch gut so. Sollte Hollywood doch eines Tages anklopfen und Interesse bekunden, die Biographie von Robert Garrett zu verfilmen - wer sollte ihn dann verkörpern. "Einer, der so ist wie ich." Und wie ist das? "Ruhig, zurückgezogen und normal."